Schwabehaus e.V. Logo & Schriftzug

Gründung und Vereinsarbeit

Im September 1998 beschließt eine knappe Mehrheit im Stadtrat der Stadt Dessau den Abriss des historisch bedeutsamen Schwabehauses zu gestatten, falls sich nicht innerhalb von zwei Monaten ein Investor findet. Engagierte Bürger starten in dieser scheinbar aussichtlosen Situation die „Aktion Sonnenflecken“, die sich von einem reinen Protest zu einer konstruktiven Initiative entwickelt. Diese Aktion brachte die unterschiedlichsten Bürger ehrenamtlich für ein Ziel zusammen.

Das erste Verständigungstreffen, zu dem man per Handzettel jedermann eingeladen hatte, wird zur Gründungsveranstaltung des Schwabehausvereins, dessen einzige Aufgabe die Rettung des Hauses ist. Dreizehn Aktivisten, darunter Stadträte der CDU, der SPD, der PDS und der Alternativen Fraktion, schaffen es, innerhalb von vier Wochen in das Vereinsregister zu gelangen und den Status der Gemeinnützigkeit zu erlangen.

Um 1960 befanden sich im Schwabehaus noch eine Gaststätte und Wohnungen

Der Verein erarbeitete eine Finanzierungs- und Nutzungskonzeption zur Rettung des Schwabehauses, die vom Stadtrat bestätigt wurde. Bedingung war dabei eine überwiegend gemeinnützige Nutzung des Hauses. Die Finanzierung beruhte von Anfang an auf einem Modell, bestehend aus einer durch Bürgschaften abgesicherten Kreditfinanzierung, Spenden und Privatkrediten sowie Fördermitteln einschließlich einer vom Arbeitsamt finanzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Daraufhin konnte der Verein das Haus erwerben und soweit sichern, dass Mitte 2001 ein Betrieb des Hauses und die Vermietungen der Räume beginnen konnten. Seitdem wird das Haus durch verschiedene Vereine, durch ein Künstleratelier, eine Schuhmacher-Werkstatt, einen Laden und später ein kleines Restaurant sowie Räume zur temporären Vermietung und für kulturelle Aktivitäten des Vereins genutzt. Im Innenhof finden jährlich Sommer-Kino und andere Veranstaltungen statt.

Mit elf Mitgliedern ist der Schwabehaus e.V. gestartet, heute sind es ca. 60, davon sind 10 bis 15 sehr aktiv. Die anderen verstehen sich insbesondere als Förderer.

Das Objekt wird von Anfang an als Gemeinschaftswerk betrachtet. Im Verein selbst gibt es Mitglieder mit Planungs- und Baukompetenz. Anstehende Sanierungsarbeiten werden in einzelne Abschnitte eingeteilt, für die jeweils Arbeitsgruppen zuständig sind, die die Maßnahmen im Sinne des Vereins federführend betreuen. Aufgaben, die man nicht selbst erfüllen kann, werden von Fachleuten ausgeführt. So wurden für den Architekten, den Bauleiter sowie die Restaurierungs- und Holzschutzmaßnahmen Honorarverträge vergeben. Für alle Planungsleistungen und die Bauleistungen konnten nach öffentlichen Ausschreibungen regionale Firmen gewonnen werden, die sich häufig schnell vom Elan der Projektmacher anstecken ließen und die manchmal etwas länger dauernden Abstimmungen in der Baukommission akzeptiert haben. Eine besondere Herausforderung war die Integration von 28 arbeitslosen Bauhandwerkern in die Sanierung des denkmalgeschützten Schwabehauses, hier hat zugleich eine fachliche Qualifikation stattgefunden, wodurch sich die Vermittlungschancen der Teilnehmer in den 1. Arbeitsmarkt verbessert haben.

Beginn der Arbeiten im Schwabehaus durch Vereinsmitglieder – einer von vielen Subbotniks

Gemeinschaftlich trägt man nicht nur von Anfang an das finanzielle Risiko, sondern beteiligt sich je nach Fähigkeiten und Interessenslagen bis zum heutigen Tag in regelmäßigen „Subbotniks“ (Arbeitseinsätzen) aktiv an der Arbeit, und zwar nicht nur während der Instandsetzungsphase, sondern auch bei der Umsetzung der Nutzungskonzepte. Je nach Interessenslage betreuen Arbeitsgemeinschaften bestimmte Aufgaben, z.B. ist die Kino-AG für das Sommerkino verantwortlich.

Durch den offenen und demokratischen Umgang mit allen anstehenden Fragen und Entscheidungen ist es möglich, jeweils einen Konsens herzustellen, der von allen Vereinsmitgliedern getragen wird.

Nach zehn Jahren erfolgreicher Vereinsarbeit und einer positiven finanziellen Lage sah sich der Verein zum Erwerb und der Sanierung des vom vollständigen Verfall bedrohten Nachbarhauses, eines ebenfalls historischen Fachwerkhauses, in der Lage. Dieses wird inzwischen entsprechend seiner letzten Nutzung vor dem Verfall unter dem Namen „Alte Bäckerei“ ähnlich wie das Schwabehaus betrieben.

Jetzt steht der Verein vor einem Generationswechsel. Jüngere Leute werden gesucht, die das erfolgreiche Projekt künftig mitgestalten und übernehmen können.